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Pressemeldung vom 12. September 2022

Deutsche Kautschukindustrie schlägt Alarm – Explodierende Kosten überlagern stotternde Konjunkturerholung

Die deutsche Kautschukindustrie schlägt Alarm: Die massive Verteuerung von Energie, Rohstoffen und Logistik zehrt an der Liquidität der Unternehmen der Branche und belastet die Ertragssituation. Der Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie (wdk) in Frankfurt am Main warnt daher vor drohenden Insolvenzen, der Konkretisierung von Verlagerungsplänen und dem Abbau von Arbeitsplätzen.

„Die schlechten wirtschaftlichen Perspektiven – Rezession der Gesamtwirtschaft mit nachlassender Nachfrage nach Kautschukprodukten bei gleichzeitiger weiterer Verteuerung von Energie – bringen die deutsche Kautschukindustrie in Existenznot“, erläutert der Chef-Volkswirt des wdk, Michael Berthel, und belegt dies mit konkreten Zahlen. „Nach Be-rechnungen des wdk haben sich die herstellungsrelevanten Kosten in den wesentlichen Produktgruppen von Kautschukartikeln seit 2019 um mehr als 60 Prozent erhöht. Dem steht im ersten Halbjahr 2022 ein Umsatzzuwachs von lediglich 1,0 Prozent gegen-über – bei einem Mengenabsatz in etwa auf Vorjahresniveau.“ Diese Diskrepanz verdeutliche, dass die Unternehmen der Branche die Mehrkosten größten-teils selbst verkraften müssten – eine Situation, die nicht mehr lange durchzuhalten sei.

Deshalb fordert der wdk eine schnelle Lösung der aktuellen Gas- und Strompreiskrise sowie eine zügige und spürbare Entlastung für alle von der Kosten-explosion betroffenen Industrieunternehmen. Michael Berthel: „In Summe schrumpft die Kautschuk-industrie in Deutschland. Sowohl die inländische Produktion als auch der Beschäftigtenstand sind im 1. Halbjahr 2022 zurückgegangen. Die politischen Hilfen und Rahmenbedingungen müssen einen Erhalt der deutschen Industrie am heimischen Standort ermöglichen – und zwar jetzt!“

Der Branchenumsatz der deutschen Kautschukindustrie erhöhte sich im ersten Halbjahr 2022 insgesamt auf 5,25 Milliarden Euro. Im Inlandsgeschäft wurde mit 3,34 Milliarden 1,1 Prozent mehr Umsatz erwirtschaftet, der Exportumsatz blieb unter zwei Milliarden Euro und entwickelte sich mit 0,8 Prozent nur mäßig.

Laut Berthel liegen insbesondere die Lieferungen der Automobilzulieferer der Branche – Reifen und technische Produkte – weiterhin deutlich unter den geplanten Umfängen. Die Nachfrage seitens der (deutschen) Fahrzeughersteller sei anhaltend niedrig. „Neben den die Fahrzeugproduktion limitierenden Versorgungsengpässen mit Halbleitern und durch den Ukraine-Krieg verringert die inflationsbedingte starke Verteuerung von Autos die Nachfrage. Gera-de erst hat der Branchenverband VDA die Nachfrageprognose für das laufende Jahr zum dritten Mal und unter das Vorjahresniveau angepasst.“

Niedrige Neuzulassungen, reduzierte Fahrleistungen und inflationsbedingte Kaufzurückhaltung belasten dem Konjunkturexperten zufolge auch das Reifenersatzgeschäft. Das Absatzvolumen liege noch deutlich unter den Umfängen der Jahre vor 2020.

Im non-automotiven Sektor – Industrielieferungen, Baukomponenten, Verbraucherprodukte – zeigten sich im 1. Halbjahr 2022 weniger Beeinträchtigungen auf der Nachfrageseite. Das habe zu gesteigerten Ab- und Umsätzen der in diesen Bereichen tätigen Unternehmen geführt. Aktuell trübten sich aber auch hier die Geschäftserwartungen deutlich ein und die Auftragslage schwächt sich ab. Entsprechend pessimistisch ist der Ausblick des wdk-Chefvolkswirts: „Bedingt durch die sich überlagern-den Krisen von Corona-Pandemie, Lieferkettenproblem und russischem Angriffskrieg ist derzeit keine konkrete Prognose zur wirtschaftlichen Entwicklung der Branche möglich. Fest steht aber, dass die deutsche Kautschukindustrie vor einem existenziellen Schlussquartal 2022 und einem überaus schwierigen Geschäftsjahr 2023 steht.

Der Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie e.V. (wdk) ist die Spitzenorganisation der deutschen Hersteller von Bereifungen und Technischen Elastomer-Erzeugnissen. Er vertritt rund 200 Unternehmen mit etwa 70.000 Beschäftigten und einem Gesamtjahresumsatz von zehn Milliarden Euro.