Michael Berthel, Chefvolkswirt beim Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie (wdk), führt dies auch auf WLTP (Worldwide harmonized Light Vehicles Test Procedure), ein weltweit einheitliches Messverfahren zur Bestimmung von Abgasemissionen und Spritverbrauch bei leichten Kfz, zurück. „Durch dessen Einführung sank ab der Jahresmitte die Fahrzeugproduktion in Deutschland spürbar und das trotz eines positiven Exportgeschäfts. Für die Automobilzulieferer der Branche lief deshalb das vergangene Jahr bezogen auf Absatz und Umsatz ungünstig.“
Insbesondere im Reifen-Erstausrüstungsgeschäft mit den deutschen Automobilherstellern sank der Stückabsatz bedingt durch die niedrigere Fahrzeugproduktion erheblich. Im gewichtigen Ersatzgeschäft mit Consumer-Reifen stagnierten die Stückzahlen. Auch der Export reduzierte sich wegen einer Werksschließung im süddeutschen Raum. Bei den Produktpreisen machten sich die sinkenden Naturkautschuk-Notierungen bemerkbar.
Positiv bewertet Berthel dagegen die Beschäftigtenentwicklung in der deutschen Kautschukindustrie. Hier konnten die Unternehmen trotz Umsatzrückgang die Zahl ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leicht ausweiten. „Gerade die mittelständischen Hersteller technischer Produkte halten traditionell ihre Mitarbeiter auch in schwierigeren Zeiten“, hebt der Konjunkturexperte des Verbandes hervor. Der Blick auf deutlich steigende Investitionen, bedingt durch die Veränderungen in der Automobilindustrie sowie getrieben von Anforderungen aus der Digitalisierung von Prozessen und Produkten und nicht zuletzt deutlich erhöhten Zertifizierungsanforderungen – etwa bei Nachhaltigkeit oder bei IT-Sicherheit –, mache klar, wie wichtig qualifiziertes Personal sei. Außerdem seien viele ausgeschriebene Stellen noch vakant.
Mit wenigen Ausnahmen, wie beispielsweise Naturkautschuk, liegen laut Berthel die Rohstoffpreise aktuell höher als vor einem Jahr. Dazu kämen massive Verfügbarkeitsengpässe bei Silikon und angespannte Liefersituationen bei CR (Chloropren-Kautschuk) und FKM (Fluorkautschuk).
Für 2019 rechnet der wdk aufgrund des schwachen Vorjahres mit einem Umsatzplus von gut 2 % bei den Reifenherstellern. Die inländische Fahrzeugproduktion sollte sich nach Angaben des deutschen Automobilverbandes VDA wieder erholen. Der Reifenersatzmarkt dürfte zumindest stabil bleiben. Bei technischen Produkten hängt ebenfalls viel davon ab, wie sich die deutschen Automobilhersteller behaupten können. Aus heutiger Sicht ist daher auch für technische Produkte (automotive und non-automotive) in diesem Jahr ein leichtes Umsatzwachstum zu erwarten.